Johann Georg Siehl-Freystett
Werkverzeichnis
Ein Fotograf und Maler des kaiserlichen Wilhelmshaven
Dem künstlerisch begabten Johann Georg Siehl, Sohn eines frühverstorbenen Rheinfischers, blieb aus materiellen Gründen eine akademische Ausbildung als Maler versagt. Eine Malerlehre vermittelte ihm lediglich handwerklich-technische Grundkenntnisse, die für seine spätere künstlerische Tätigkeit von Nutzen waren. Als Malergeselle arbeitete er zunächst in seinem Heimatort, dann in Freiburg, wo er an der Ausmalung von Kirchen beteiligt war. 1888 meldete er sich als Freiwilliger zur Marine und diente vier Jahre bei der II. Matrosen-Artillerie-Abteilung in Wilhelmshaven. Auf sein Talent aufmerksam geworden, bemühten sich seine militärischen Vorgesetzten vergeblich darum, ihm eine Freistelle auf der Karlsruher Kunstakademie zu verschaffen. Nach Beendigung der Militärzeit ließ er sich als Fotograf und Maler in Wilhelmshaven nieder. Er lebte mehr schlecht als recht von fotografischen Arbeiten, fand jedoch stolz vermerkte Anerkennung durch den Großherzog von Oldenburg und den Prinzen Heinrich von Preußen.
Nebenbei malte er vor allem die Schiffe der Kaiserlichen Marine. Seine Schiffsporträts wurden auf Postkarten vervielfältigt und dienten der Werbung für die Marine. Ab 1906 arbeitet er unter dem Namen Johann Georg Siehl-Freystett als freischaffender Künstler. Er verliert bald das Interesse an der reinen Kriegsschiffsdarstellung und wendet sich Wilhelmshaven und der die Stadt umgebenden Landschaft zu. Einerseits malt er die Marschen- und Moorlandschaft im Nordwesten Deutschlands, andererseits befaßt er sich mit der Stadt und der sie dominierenden Marine mit ihren Schiffen, Hafen- und Werftanlagen. Er thematisiert den Antagonismus von ursprünglicher, unberührter Landschaft und von künstlicher, der Technik unterworfenen Stadt. Ausstellungen im Oldenburger Kunstverein in den Jahren 1907, 1909 und 1913 verschaffen ihm landesweite Aufmerksamkeit.
Vor dem 1. Weltkrieg bezieht der inzwischen arrivierte Maler, der 1912 zu den Mitbegründern des Kunstvereins gehört, im Rüstringer Villenviertel als Nachbar höchster Marineoffiziere eine Villa mit Atelier. 1915 meldet er sich erneut zur Marine. Aus der Kriegszeit sind nur wenige Arbeiten überliefert, vorwiegend von Torpedo- und Schnellbooten. Die U-Boot-Waffe und die Hochseeflotte als die Hauptträger des Krieges zur See faszinieren ihn nicht mehr.
Überraschend stirbt er am 15. August 1919 an einem Schlaganfall. In seinem Todesjahr wurde in der Kunsthalle Wilhelmshaven eine Gedächtnisausstellung mit 249 Gemälden und 60 Druckgrafiken eingerichtet.
Ein beträchtlicher Teil seiner Werke gilt als verschollen. Manches ist vermutlich 1943 in seinem von Bomben zerstörten Haus verbrannt. Aus seiner badischen Heimat sind nur wenige ganz frühe Jugendarbeiten überliefert. Ein Konvolut von 13 Bleistiftzeichnungen aus dem Odenwald ist vor einigen Jahren aufgetaucht. Lange Zeit in Vergessenheit geraten, hat man sein Œuvre in den 1980er Jahren neu entdeckt und in Wilhelmshaven (1983) und Freistett (1988) Überblicksausstellungen präsentiert, für die noch 150 Unikate und 30 Druckgrafiken zur Verfügung standen. (Text nach Lars N. Scholl, Wikipedia).